Freitag, 31. Mai 2013

Buch & Co.: Steunende Köter / Cani Sciolti

Als Nichtkenner und Einsteiger der italienischen Ultraszene, kommt man beim Googlen automatisch recht schnell auf den Literaturhinweis auf das Buch "Streunende Köter" von Domenico Mungo. Um sich quasi eine literarische Tür ins Land des Dauer-Sing-Sangs, der Chorographien & Rauchtöpfe aber auch der Kämpfe mit Gürteln & Fahnenstangen, um Fahnen und Fanutensilien der gegnerischen Gruppen, zu öffnen, bekommt man hier allerdings gleich eine etwas "schwere Kost" sozusagen. Nicht vom Intellekt des Buches her, sondern weil dies zum einen fiktiver Roman ist, der aber auf wahren Geschichten basiert, welcher noch dazu in eine recht schwer verdauliche Schreibweise eingepackt ist...

Schwer zu erklären und vielleicht ja auch "typisch italienisch" werden hier von einem Ultra-Autoren, der sich auf der Flucht vor der staatlichen Repression befindet, Kurzgeschichten und Statements von Ultra-Gruppierungen empfangen, welche allesamt das Leben & den Lifestyle der italienischen Ultras zum Inhalt haben. Ähnlich wie bei Hooligan & Radaugruppen in anderen Ländern, dreht sich hier viel um Zusammenhalt, Drogen und -natürlich!- die körperlichen Zusammenstöße mit anderen Gruppen und der Staatsmacht. Allerdings kann man -und das wird man schnell merken- quasi nur sehr wenige Gemeinsamkeiten mit den Inselaffen beispielsweise ziehen. Hier sind zwei ganz unterschiedliche Grundlagen in und um die Stadien zu finden.

Hat man sich aber erst einmal an die seltsam anmutende Schriftführung des Autors gewöhnt, geht das Buch flüssig und kraftvoll ins Gehirn und wenn man Fußball im Blut hat, kann man auch schnell in die Welt der italienischen Supporter abtauchen. Obwohl man -zugegebenermaßen- extrem die gezeichneten "dicken Eier" belächeln muss, die hier ständig durchblitzen. Straßenschlachten gabs im Old School Bereich überall in den Fußballnationen, aber hier liest sich das teilweise wirklich so, als wäre man im Bürgerkrieg und es erscheint alles doch deutlich überspitzt und surreal mitunter...

...aber "klappern" gehört bekanntlich immer zum Geschäft! ;)

Alles in allem und wenn man zum Ende des Buches selbst kommt, erfährt man von den Toten des italienischen Fußballs und muss erkennen, dass auch die italienischen Stadien nicht verschont blieben von den Opfern, die sich durch Polizeigewalt oder die unglücklichen Verkettungen von Zusammenstößen und Aktionen verschiedener -verfeindeter- Gruppen ergaben und am Ende mit dem Tod eines Fußballfans endeten.

Tragisch, ganz klar und wenn man die Tendenz des Buches betrachtet, kann man durchaus deutliche Rückschlüsse auf den Niedergang dessen schließen, was sich bis Ende der 90er Jahre noch als starke und rebellische Fußballszene, die ihre Wurzeln in den durch soziale & politische Spannungsfelder entstandene urbane Städte, entwickelt.

Ultras gibt es freilich heute noch in Italien, genauso wie in anderen Ländern (wobei man im Buch übrigens auch ganz deutlich erahnen kann, wieso die Ultraszene in Deutschland beispielsweise nicht annähernd vergleichbar ist, mit der Szene in Italien!) aber sie haben nicht mehr den alternativen und auch autonomen Glanz der vergangenen Jahrzehnte! Sie wurden -symptomatisch für den Fußballsport allgemein- ebenso in den Sog des modernen Fußballs gezogen und dort teilweise aufgerieben! Macht korrumpiert und Materialismus löst Ideale auf ... davor ist auch eine Fußballszene nicht gefeit! Leider! Deshalb schimmert auch im Buch die Ablehnung gegen Ultras oder besser gesagt den gesamten Verein Juventus Turin durch, welcher bekanntlich als Sinnbild von Korruption und Machtmissbrauch steht!

Hier noch ein paar Bilder in Videoform:



Lesenwert ist das Buch auf jeden Fall! Besonders natürlich, will man sich mit dem Thema der italienischen Fußballszene auseinandersetzen. Die knapp 12 Euro sind deshalb gut investiert.

Der Autor, Domenico Mungo übrigens, war/ist Teil der Ultras aus Florenz, Ex Direktor des  Magazins Supertifo und Schriftsteller sowie Kenner der italienischen Szene. Das Buch hat 320 Seiten und kann HIER! bestellt werden.

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